VfGH – Urteil stärkt Regenbogenfamilien
Zwei Frauen können auch dann von Geburt an Elternteile sein, wenn das Kind via Heiminsemination gezeugt wurde.
Wenn lesbische Paare eine Familie gründen wollen und diese von Anfang an rechtlich anerkannt und abgesichert sein soll, dann sind sie dazu gezwungen, sich in einer Klinik einer Kinderwunschbehandlung zu unterziehen. Beide Frauen können nur dann gleich nach Geburt ihres Kindes als Eltern in die Geburtsurkunde eingetragen werden, wenn das Kind in einer Kinderwunschklinik gezeugt wurde.
Einer großen Gruppe lesbischer Paare bleibt diese rechtliche Absicherung mit Geburt des Kindes erstmal verwehrt, da sie sich gegen eine Behandlung in der Kinderwunschklinik entscheiden und ihr Kind via Heiminsemination zeugen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von der Scheu vor dem sterilen und medizinischen Setting in einer Klinik bis zum Wunsch, dem Kind die Möglichkeit einzuräumen, den Samenspender von Anfang an zu kennen. Damit für diese Kinder beide Frauen auch gesetzlich als Eltern gelten, muss die Partnerin der Mutter das Kind erst adoptieren.
Wegen dieser Ungleichbehandlung hat sich ein queeres Paar an den Verfassungsgerichtshof gewandt. Das Paar hat das gemeinsame Kind vor fast drei Jahren mit Hilfe eines privaten Spenders via Heiminsemination gezeugt. „Wir waren zuerst in einer Kinderwunschklinik, haben aber nach einigen erfolglosen Versuchen festgestellt, dass wir uns mit dieser Art ein Kind zu zeugen nicht wohl fühlen“, berichtet Luca F. „Als wir es dann zu Hause mit einem privaten Samenspender versucht haben, war meine Frau gleich schwanger.“ Die Eintragung beider als Eltern in die Geburtsurkunde wurde von der Behörde verweigert, weil das Kind nicht in einer Klinik gezeugt worden war.
Luca F. wollte nicht akzeptieren, das gemeinsame Kind erst adoptieren zu müssen, um rechtlich als Elternteil anerkannt zu werden. Der Verfassungsgerichtshof gab diesem Einwand nun Recht: Es gibt keine sachliche Rechtfertigung dafür, einer queeren Person, die mit ihrer Partnerin oder Ehefrau ein Kind bekommen möchte, zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung zu zwingen und dem Paar andere Möglichkeiten der Fortpflanzung zu verwehren. Auch aus dem Blickwinkel des Wohles des Kindes ist nicht ersichtlich, warum es sachlich gerechtfertigt sein soll, das Kind in Fällen der Heiminsemination, etwa erbrechtlich, schlechter zu behandeln, als ein Kind, das in einer Klinik gezeugt wurde.
Anwältin Doris Einwallner, die das Paar vertritt, zur Entscheidung des VfGH: „Endlich kehrt Gerechtigkeit ein, wo der Gesetzgeber jahrelang weggeschaut hat. Diese bahnbrechende Erkenntnis des VfGH stellt nicht nur das Kindeswohl zu Recht in den Mittelpunkt, sondern macht auch Schluss mit der Ungleichbehandlung von Regenbogenfamilien in einer der zentralsten Fragen überhaupt, der Frage der Elternschaft.“
Der Verein FAmOs Regenbogenfamilien ist Interessensvertretung von Regenbogenfamilien in Österreich und hat diese Klage unterstützt und seine Expertise für die Entscheidungsfindung des VfGhs beigesteuert.
Obfrau Barbara Schlachter erklärt: „Auch wenn eine Stiefkindadoption in Österreich in der Regel nicht kompliziert ist, so bedeutet sie für die Zeit, bis die Adoption durch ist, Rechtsunsicherheit für die junge Familie. Die Partnerin der Mutter kann weder Elternzeit beantragen, noch ist die rechtliche Situation geklärt, sollte es noch vor der Adoption zu einer Trennung kommen oder der leiblichen Mutter etwas zustossen“.
Letzten Freitag hat nun der VfGh entschieden, dass auch bei alternativer Befruchtung zu Hause, zwei Frauen gemeinsam von Anfang an als Mütter in die Geburtsurkunde eingetragen werden können. Die Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist damit einen großen Schritt weitergekommen. Die Regierung hat nun Bis Ende 2023 Zeit, das Gesetz dahingehend zu ändern.
„Wir freuen uns, dass wir nun endlich beide auch rechtlich Eltern unseres Kindes sein können und dass es künftig auch für Paare, die nicht in die Kinderwunschklinik gehen wollen, von Anfang an Rechtssicherheit gibt“, zeigt sich Pia F. erfreut.